Übersetzungsleistungen von Diplomatie und Medien im vormodernen Friedensprozess.
Europa 1450-1789

Leitung: Prof. Dr. Johannes Burkhardt und
Prof. Dr. Wolfgang E.J. Weber

Arbeitspaket I

» Friedensvertrags- und Vermittlungssprache in frühneuzeitlichen Friedensverträgen

Arbeitspaket II


Arbeitspaket I
Friedensvertrags- und Vermittlungssprache in frühneuzeitlichen Friedensverträgen

Im Achtzigjährigen Krieg errangen die Niederlande 1648 ihre Unabhängigkeit von der spanischen Krone. Von diesem Zeitpunkt an wurde dieser Souveränität durch die bewusste Wahl des Niederländischen als Vertragssprache künftiger Friedensabkommen zwischen den Generalstaaten und Spanien symbolisch Ausdruck verliehen. In anderen Fällen griffen die Kriegsgegner bei der Abfassung des Friedensvertrages aus pragmatischen Gründen auf eine bestimmte Sprache zurück. So etwa bei den Friedensschlüssen zur Beendigung des Nordischen Krieges, in deren Rahmen sich Schweden und Russland 1721 im finnischen Nystad mit einem Vertragstext in deutscher Sprache einigten. Diese ungewöhnlich anmutende Wahl hatte mehrere Gründe. Neben der Tatsache, dass Deutsch im nördlichen Europa als Zweit- und Verkehrssprache weit verbreitet war und die Rechtsverhältnisse in der Konfliktregion eine Rolle gespielt haben dürften, ist der Hauptgrund in der Herkunft der am Krieg beteiligten Monarchen zu suchen: Sie stammten mehrheitlich aus deutschen Dynastien und unter ihren Beratern wie Bevollmächtigten gab es viele Deutsche.

Welche Interpretationsspielräume übersetzte Versionen von Friedensverträgen bieten konnten, zeigt exemplarisch der 1606 mit dem Osmanischen Reich geschlossene Friede von Zsitva-Torok. „Ein für allemal“ (semel et semper) sollte der lateinischen Vertragsversion zufolge eine symbolische Tributzahlung der Kaiserlichen erledigt sein. In der osmanischen Variante hingegen fehlt diese Formel. Die Sprache spielt für die Annäherung der Konfliktparteien und den diplomatischen Austausch, der im Idealfall in einem Friedensschluss gipfelt, mithin eine zentrale Rolle.

Die Gründe der Sprachwahl werden im Rahmen des Projekts systematisch untersucht und geklärt. Darauf aufbauend werden in weiteren Schritten kulturelle Übersetzungsleistungen im Sinne der Cultural Translation ergründet.

Mitarbeiter: « Apl. Prof. Dr. Kay Peter Jankrift » , « Dr. Andrea Schmidt-Rösler »

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Arbeitspaket II
Friedensideen und Friedenspraxis in der medialen Umsetzung

Frühneuzeitliche Friedensschlüsse waren Medienereignisse. Sie standen im Fokus der höfischen, gelehrten und bürgerlichen Öffentlichkeit. In Flugblättern und Flugschriften, in Zeitungen, Zeitschriften und Nachrichtenkorrespondenzen wurde von Friedensverhandlungen und Friedensschlüssen in Wort und Bild berichtet. In Staatsschriften, Geschichtswerken und Reichspublizistik wurden sie thematisiert und diskutiert. Die Vertragstexte wurden europaweit kopiert, vervielfältigt, übersetzt, gedruckt, verschickt und archiviert. Mit Elan wurden sie, mal wohlwollend, mal ablehnend, in der frühneuzeitlichen Medienlandschaft kommentiert, interpretiert, kritisiert und verformt, das Friedensereignis in Gedichten, Dramen, Bildern und Liedern künstlerisch verarbeitet.

Die Leistungen und Wirkungen dieser medialen Umsetzungen wurden in der Geschichtswissenschaft bisher kaum erforscht. Waren sie effektive Multiplikatoren von Friedensideen und Friedenspraxis, auch über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg? Wirkten sie gar friedensfördernd und friedenssichernd? Oder war ihr irenischer Effekt im bellizitären frühneuzeitlichen Europa eher begrenzt?

Mitarbeiter: « Benjamin Durst, M.A. » , « Dr. German Penzholz »

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