Übersetzungsleistungen von Diplomatie und Medien im vormodernen Friedensprozess. Europa 1450–1789
Laufzeit: Juni 2009 - Mai 2012
Frieden schließen und Frieden wahren sind zentrale Felder frühneuzeitlicher Geschichte, war diese Epoche doch eine bellizistische, eine kriegsgeneigte. Ein BMBF-gefördertes Verbundprojekt fragt epochenübergreifend nach den Übersetzungsleistungen neuzeitlicher Friedensschlüsse. Die beteiligten Forscher gehen interdisziplinär vor und integrieren Fragestellungen der Politik und Kunstgeschichte sowie der Politik- und Rechtswissenschaft.
Kinder spielen Krieg – doch wie lässt sich eigentlich Frieden spielen? Konfliktforscher lehren, Frieden sei kein passiver Zustand einfachen Unterlassens, sondern ein aktiver Prozess. Noch höher rangiert indes die Kunst, Frieden überhaupt zu schließen. Was liegt näher, als sich dieser Kunst in einem Zeitalter zu widmen, das im Rufe steht, bellizistisch, kriegerisch zu sein? Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat im Rahmen des Förderschwerpunkts Übersetzungsfunktion der Geisteswissenschaften ein Verbundprojekt bewilligt, das sich den Übersetzungsleistungen widmet, wie sie in Friedensprozessen der europäischen Neuzeit virulent werden.
Neben zwei Arbeitsgruppen, die am Institut für Europäische Kulturgeschichte Augsburg und an der Staatgalerie Stuttgart angesiedelt sind, liegen zwei Forschungsschwerpunkte am Institut für Europäische Geschichte in Mainz, die dort in den kommenden drei Jahren unter der Leitung von Heinz Duchhardt und Martin Peters bearbeitet werden. Eines der drei Einzelprojekte wird sich mit Problemen des Kulturtransfers in den Beziehungen zum Osmanischen Reich befassen. Das zweite Einzelprojekt geht der Frage nach, inwiefern im internationalen Verkehr staatliche Souveränität zur Begründungsmetapher außenpolitischen Entscheidens wurde. Ein drittes Projekt wird die Narrativität und Verwendung von Metaphern in Friedensverhandlungen und -verträgen untersuchen. Im zweiten Mainzer Forschungsschwerpunkt sollen Missverständnisse auf ihre Ursachen und Folgen hin untersucht werden. Inwieweit wird in den Friedensverhandlungen und -verträgen der Neuzeit (bewusst) Ignoranz und Unwissen produziert, um spezifische Interessen besser legitimieren und durchsetzen zu können?
« zum Seitenanfang »
Ermöglicht wird die zielgerichtete analytische Arbeit nicht zuletzt durch das 2005 bis 2010 von der DFG am Institut für Europäische Geschichte geförderte Projekt Europäische Friedensverträge der Vormoderne online, in dessen Verlauf das Quellenmaterial aufbereitet und online publiziert worden ist.
Am Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg werden unter Leitung von Johannes Burkhardt und Wolfgang E. J. Weber die Voraussetzungen der Sprachverwendung und des Einsatzes von Sprachen in den Friedensverträgen untersucht. Hierbei liegt die Ausgangsthese zugrunde, dass bestimmte Sprachen als Instrumente zur Durchsetzung politischer Interessen und der nationalen Repräsentation eingesetzt wurden. Daneben wird auch die Rezeption von Friedensverhandlungen und Verträgen erforscht: Ein weiterer Augsburger Forschungsschwerpunkt widmet sich den Übersetzungen von Friedensverträgen in Geschichtswerken, Editionen und Zeitungen. Denn die Vertragstexte wurden europaweit kopiert, vervielfältigt, übersetzt und versendet und waren so ein fester Bestandteil der damaligen Medienlandschaft.
Dies führt wiederum zu der Frage, welches Maß und welche Formen von Anschaulichkeit eine zugleich grundlegende und befreiende Erfahrung wie diejenige von Frieden erfuhr: Übersetzungsleistungen von Frieden und Friedensverträgen in der Kunst und die darin enthaltenen Botschaften sollen daher an der Staatsgalerie Stuttgart unter Leitung von Hans-Martin Kaulbach untersucht werden. Bei den beiden rezeptionshistorischen Forschungsschwerpunkten interessiert nicht zuletzt auch, welchen Weg ein Text oder Bild, eine Metapher oder ein Motiv zurücklegten.
Einen Höhepunkt soll das Unternehmen in einer internationalen wissenschaftlichen Tagung gegen Ende der Laufzeit finden.
Verfasser: Dr. Daniel Hildebrand
Projektkoordinator: Dr. Martin Peters
« zum Seitenanfang »